In den USA werfen sich die beiden Präsidentschaftskandidaten gegenseitig Sexismus und sexuelle „Verfehlungen“ vor. Dort, wie auch in Europa wird freizügig mit Beleidigungen wie Rassist, Sexist, Frauenhasser, Männerhasser, Kinderficker, Schwulenhasser, Ausländerhasser, Nazi, Kommunistenschwein usw. um sich geworfen. Es sind Schlammschlachten wie sie ab und an im Unterschichtenfernsehen nachmittags zu sehen sind, nur dass sie auf höchster politischer Ebene ablaufen. Logik, Argumente, Fakten, Beweis- und Überprüfbares, Rationales, das alles spielt keine Rolle mehr. Gefühle, Hass, unbeweisbare Vorwürfe, offensichtliche Lügen und kindisches Gekreische sind ungleich wichtiger.
Jetzt kannst Du sagen: „Ha, gerade Du, der Du auch diese Begriffe immer wieder verwendest, hast ja schon mal gar keinen Grund Dich zu beschweren.“ Und Du hast recht. Ich beschwere mich auch nicht. Ich stelle nur fest wo wir inzwischen angekommen sind. Alle die gegen den Feminismus in ihren Blogs rational argumentieren mussten die Erfahrung machen, dass sie damit bei Feministinnen überhaupt gar nichts ausrichten. Jeder, der rationale Argumente gegen Merkels offene Grenzen und die Flüchtilantenschwemme vorbringt findet sich vor dem Sozial-Gerichtshof der Empörten wieder und muss sich als Nazi, Ausländerhasser und sonst was betiteln lassen. Rationalität vs. Gefühle ist ein ungleicher Kampf der nur durch die massive Übermacht der einen gegen die andere Seite gewonnen werden kann. Die westlichen Gesellschaften hatten sich im Zuge der Aufklärung dazu entschlossen der Rationalität dauerhafte Priorität einzuräumen. Diese Phase der Aufklärung ist offensichtlich zu Ende und wird revidiert.
Für den letzten Satz gibt es inzwischen mehr und mehr Indikatoren. Man betrachte die sogenannten Gender-Studies. Mit wenigen Ausnahmen ist dieses sogenannte „Studium“ eine quasi-religiöse Indoktrination. Es ist in der Tat recht einfach jungen Menschen das Gefühl einzuimpfen, dass sie benachteiligt sind, weil sie es eh schon so empfinden und das Gehirn bis Mitte 20 biologisch noch nicht ausgereift ist. Dann lässt man sie dieses Gefühl rationalisieren, indem man sie mit den Texten der feministischen Elite abfüllt, genau so wie man einen Physik-Studenten mit den Texten und Formeln der lebenden und verstorbenen Physiker-Elite abfüllt. Ein Physik-Absolvent ist aber nicht beleidigt, wenn man ihm nachweist, dass etwas was er gestern gelernt hat (wie z.B. eine veraltete Ätherhypothese) falsch ist und durch bessere Modelle wie die Relativitätstheorie ersetzt wurde, denn er ist kein Äther-Gläubiger. Einer Gender-Absolventin, der man ihre Rationalisierungen widerlegt ist aber nicht in der Lage ihren zugrunde liegenden Glauben der immerwährenden Diskriminierung von Frauen zu verwerfen. Genauso wenig kann ein schwarzer Student, der afroamerikanische Studien abgeschlossen hat, seinen Glauben der prinzipiellen Diskriminierung aller Schwarzen durch alle Weiße verwerfen. Ein Theologiestudent wird seinen Glauben an Gott nicht verwerfen, bloß weil ihm Dawkins und Hitchens den Zahn gezogen hat, dass alle theologischen Rationalisierungen komplett unlogisch und Unfug sind. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Es ist gar nicht mal so, dass alle die Gender, Religion, Marxismus usw. studieren strunzdumm sind. Gerade die jeweiligen „fachlichen“ Eliten in diesen Bereichen sind überaus intelligent. Der Kardinalfehler dieser Disziplinen ist eben, dass sie alle auf einer Doktrin beruhen, die emotional unumstößlich ist. Selbst in den MINT Feldern tritt dieser Effekt der emotionalen Doktrin immer wieder mal auf; auch Einstein wurde jahrelang nicht geglaubt, er wurde persönlich angegriffen und erfuhr breiten Widerstand sogar im Nobelpreiskomitee. Da MINT Forscher aber keine vereinigende Glaubensdoktrin haben, schwindet dieser emotionale Widerstand meist nach kurzer Zeit. Mann muss sich auch vergegenwärtigen welch geistige Höchstleistungen Marx und später die Professoren der Frankfurter Schule geleistet haben, ohne zu merken, dass all ihre hochintelligenten Rationalisierungen am Ende Blindleistung waren, da sie auf einer emotionalen Doktrin beruhen.
Das Rationalisieren der Gefühle ist nun mal menschlich – allzu menschlich. Dabei hängen Gefühle gegenüber Menschen und Dingen zum großen Teil von der umgebenden Kultur ab. Es gibt unzählige unterschiedliche Kulturen, die sich auch noch laufend verändern. Der tiefgläubige Moslem kann rationalisieren, Ungläubigen den Hals durch zu schneiden, sie in die Luft zu sprengen oder mit dem LKW zu überfahren. Der tiefgläubige Katholik kann rationalisieren dem Terroristen zu vergeben. Das Bild eines in der Türkei an den Strand gespülten ertrunkenen Kindes kann Millionen von Menschen dazu bringen „Refugee Welcome“ Plakate hochzuhalten, sowie eine hochintelligente protestantische Pastorentochter dazu bewegen Gesetze zu ignorieren und die Grenzen zu öffnen. Der terrorwillige Moslem lässt sich durch Fakten und Argumente genauso wenig von seiner Rationalisierung abbringen, wie Frau Merkel von ihrer. Die emotionale Doktrin ihres jeweiligen Glaubens lässt das einfach nicht zu. Gerade Frau Merkel hat ja schon mal so eine emotionale Entscheidung getroffen, als sie angesichts der Toten und Katastrophenmeldungen aus Fukushima die Energiewende eingeleitet hat, obwohl sie kurz vorher rein rational Kernkraftwerke befürwortete.
Ich habe eine Hypothese, dass es, analog zur Glockenkurve der Intelligenzverteilung, eine Glockenkurve der Kontrollfähigkeit von Emotionen gibt und beide nichts miteinander zu tun haben. Ca. 2/3 der Bevölkerung kann ihre Gefühle halbwegs im Griff behalten, ca. 1/6 kann das gar nicht und ca. 1/6 kann das exzellent. Des weiteren gibt es das Yerkes-Dodson Gesetz, welches darstellt, dass man in psychisch äußerst erregten (und auch in völlig gelangweilten) Zuständen schlechte Entscheidungen trifft und die Kapazität für Problemlösung eingeschränkt ist. Das Ganze hat nichts mit der Voodoo Theologie der emotionalen Intelligenz (EQ) zu tun.
Die zunehmende kulturelle Akzeptanz der emotionalen Auseinandersetzung hat ihre Ursache eindeutig in der Frauenbewegung. Jahrhunderte oder Jahrtausende hat man emotional über-erregte Frauen abgetan (die hat mal wieder ihre Tage) und es als gottgegeben oder biologisch gegeben angenommen, dass Frauen im Schnitt emotionaler sind als Männer. Der Feminismus hat den Frauen noch mehr Macht zugeschanzt als sie immer schon hatten. Männer wissen intuitiv, dass zu viel Emotionalität irgendwann zu Toten, Verletzten und Gefängnisaufenthalten führen muss – für Männer. Frauen wurde das traditionell immer verziehen (bigotry of low expectations). Mit steigender gesellschaftlicher Macht der Frauen musste zwangsläufig auch die steigende Emotionalisierung akzeptiert werden. Feministinnen nutzen das natürlich schamlos aus und machten es zum Teil ihrer Rationalisierungsstrategie.
Die Konservativen waren lange verzweifelt, da sie mit rationalen Argumenten und Fakten gegen das Gekeife der angeblich Diskriminierten nicht ankamen. Die in den letzten Jahren aufgekommene alt-Right ist eine wirksame Gegenmaßnahme zu den fast ausschließlich emotionalen Argumenten der regressiven Linken. Es wird nun emotional zurück geschossen. Männer können auch zetern, daher die ganze shitlorderei auf Twitter, reddit, Facebook und so. Außerdem hat die alt-Right die Identitätspolitik der intersektionalen Feministinnen kopiert. Während die Linken Frauen, Schwarze, Ausländer und sexuelle Randgruppen als unterdrückte Identitäten postulieren, schlagen sich die Rechten eine Bresche mit den Identitäten der Weißen, der Männer und der sexuell Normalen. Das Ergebnis ist ein gegenseitiges Hochschaukeln der Emotionen ohne Aussicht auf eine Lösung jeglicher Probleme.
Die Rechten kreischen
Trump Trump
USA USA
Bill Clinton ist ein Vergewaltiger, usw.
Die Linken kreischen
Rassisten
Sexisten
Nazi, usw.
Die Tatsache dass die Linken/Demokraten mit dem Gekreische, der Identitätspolitik und der emotionalen Argumentation angefangen haben macht das Ganze auch nicht besser. Die Taktik der alt-Right war aber notwendig, um die lahmarschigen Konservativen vom Fernsehsessel zu holen, denn die hatten sich mehr oder weniger schon in ihr Schicksal gefügt, dass es wohl nie wieder einen republikanischen Präsidenten geben wird. Bin mal gespannt wie die Wahl in 4 Wochen ausgeht. In Deutschland wird’s erst nächstes Jahr spannend. Die AfD sollte sich beizeiten und sorgfältig überlegen mit welchen emotionalen Triggern sie in den Wahlkampf gehen will. Ähnlich wie in den USA wird es immer mehr ein Empörungs-Wahlkampf werden und die AfD muss das mitspielen. Rationale Argumente, Zahlen, Daten, Fakten werden in den Hintergrund treten und damit muss man umgehen. Bleibt zu hoffen dass sich die CDU endlich ihrer königlichen Mutter entledigt und einen Mann an die Spitze stellt, der seine Emotionen im Griff hat. Ich bin da aber weiterhin skeptisch, einfach weil der kulturelle Trend sich erst dann ändern wird, wenn eine Katastrophe eintritt welche die Empörten radikal umorientiert (so was wie eine muslimische Reichskristallnacht).
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Auch Frührentner brauchen mal Urlaub. Ende nächster Woche steht ein Kurztrip nach Pattaya an. Mal sehen wie leere Gogo-Bars ohne Musik aussehen. Da die Thais jetzt mindestens einen Monat oder ein Jahr um ihren toten König trauern wurde staatlicherseits jegliche lautstarke Bespassung verboten. Mal schauen ob ich neben dem Tränentrocknen noch dazu komme einen Blogpost zu schreiben 😉
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Edit:
und anbei ein tolles Video von Duke Pesta and Stefan Molyneux zum Thema…
One thought on “Empörungsgesellschaft und Schlammschlachten”
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