„Wir sind mehr“ – Die Demokratie-Mafia

Rein ideologisch betrachtet bin ich im wesentlichen ein Libertärer. Zentrale Theorie ist das Selbsteigentum. Das bedeutet in erster Linie, dass jeder über seinen Körper selbst bestimmt. Als Recht ausgedrückt heißt das, ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, sowie die Pflicht, dieses Recht jedem anderen zuzugestehen. Andere haben dies als Nicht-Aggressions-Prinzip formuliert. Aus diesen Theorien, Rechten und Pflichten, sowie Prinzipien kann weiteres abgeleitet werden. Zum Beispiel das Recht auf freie Meinungsäußerung (verbunden mit der Pflicht dies jedem anderen zu erlauben). Demgemäß wird das Selbsteigentum erweitert auf alles was jemand selbst geschaffen hat, d.h. die Früchte seiner Arbeit gehören einem selbst. Das Nichtaggressionsprinzip bedeutet auch nicht, dass man sich gegen Angriffe nicht wehren darf. Zur Abwehr einer lebensbedrohlichen Not, insbesondere bei Notwehr, ist aus libertärer Sicht so ziemlich alles erlaubt.

Jetzt ist es nun mal so, dass ich kein blinder Ideologe bin. Ich sehe den Libertarismus genauso als Utopie an, wie z.B. den Sozialismus, Kommunismus, den Gottesstaat, usw. Die Utopie wäre, dass jeder einzelne Mensch der gesamten Menschheit, freiwillig nach diesen Prinzipien leben will. Das ist nun mal ganz offensichtlich nicht so. Als Libertärer gestehe ich aber jedem anderen zu, dass er so lebt wie er gerne will, und nicht so leben muss wie ich das will. Wer in einer kommunistischen Kommune leben will, bitteschön. Wer in einem Kloster leben will, bitteschön. Wenn sich Menschen darüber vereinbaren, dass das Nichtaggressionsprinzip für ihre eigene Gruppe nicht gelten soll, bitteschön. Schlagt euch gegenseitig die Birne ein, klaut euch euer Eigentum, ist mir egal, ich will mit denen nichts zu tun haben.

Libertarismus ist aber nicht nur eine Utopie, weil andere Leute andere Ideologien verfolgen, sondern weil diese anderen Ideologien das zentrale Prinzip der Libertären verletzen. Wir müssen uns damit abfinden, dass andere Gruppierungen unser Selbsteigentum angreifen, unser Nichtaggressionsprinzip nicht akzeptieren, und uns dazu zwingen wollen, sich denen anzupassen, bzw. sich deren Rechten und Pflichten zu unterwerfen. Ideologisch extreme Libertäre könnten theoretisch genauso brutal und menschenverachtend agieren, wie die Nazis, die Sowjets, die Maoisten, ISIS, usw. Das tun sie aber nicht, weil erstens damit das zentrale Grundprinzip verletzt würde. Wir wollen niemand anderen zu etwas zwingen, außer es wurde in einem freiwilligen Vertrag so vereinbart. Zweitens ist es einfach so, dass Libertäre eine wirklich kleine Minderheit sind. In der schon kleinen FDP gibt es einen mickrig kleinen Club Libertäre. Unter den hunderten republikanischer Politiker in den US-Parlamenten befindet sich eine handvoll Libertäre. Die US-Partei „Libertarian Party“ kommt praktisch immer nur auf einstellige Prozentsätze bei den Wahlen.

Wir müssen uns also damit abfinden, dass wir keine Mehrheit sind und unsere Ideologie praktisch nur sehr eingeschränkt umsetzten können. Die Ideologie ist nicht inkonsistent, die Logik spricht nicht dagegen, es gibt keine wissenschaftlichen Tatsachen, die gegen den Libertarismus sprechen. Die Realität des täglichen Lebens in den politischen, juristischen, staatlichen Konstrukten, die existieren, macht den Libertarismus nahezu unmöglich. Und die Demokratie ist ein Aspekt, welcher ein libertäres Leben massiv einschränkt oder ganz verhindert. Es hilft auch nicht, dass einige Spinner den Libertarismus, wie folgt, theoretisch zerfleddert haben.

Der oben verlinkte Wikipedia-Artikel referiert Anarchokapitalismus als libertäre Richtung. Das kann man schon in der Theorie zerlegen und man sieht auch die praktischen Konsequenzen. Anarchokapitalismus fördert die Möglichkeit, dass (im Extremfall) Einem oder einigen wenigen, die ganze Erde gehört. Viele Theoretiker behaupten, dass dies praktisch nie passieren kann, aber wenn wir auf die real existierende Welt schauen, in der wenigen Prozent der Superreichen, 50-80% des gesamten Vermögens gehört, ist das absurd. Wir sind de facto schon viel zu nahe an einer anarchokapitalistischen Extremsituation. Die Grundforderung des Selbsteigentums kann unter diesen Bedingungen nicht mehr erfüllt werden.

Ebenfalls definiert Wikipedia einen „linken Libertarismus“, der eine unsinnige Verheiratung von Georgismus, Mutualismus und „individualistischem Anarchismus“ ist. Das ‘linke’ bei all dem ist, dass die ursprünglichen Ideen Probleme zu lösen, ganz schnell von Sozialisten vereinnahmt wurden und im Endstadium mit Libertarismus eigentlich nichts mehr zu tun haben. Es geht u.a. um Landreform, Zerschlagung von Monopolen und Versicherungen auf Gegenseitigkeit. Die Lösungen der „linken Libertären“ sind sozialistisch oder kommunistisch, nicht libertär.

Die dritte Kategorie bei Wikipedia ist „rechter Libertarismus“. Dieser Richtung würde ich mich am ehesten zurechnen, wenn die linken Wikipedianer den Teil der Seite nicht so verschandelt hätten. Schon die Begriffssetzung als Paläolibertarismus ist eine Unverschämtheit. Steinzeit-Libertarismus, echt jetzt, muss derart derogative Rhetorik in der Wikipedia wirklich sein? Lew Rockwell, der den Begriff prägte hat nun wirklich nichts zu libertären Theorien beigetragen, außer sich selbst und den Libertären möglichst viele Feinde zu schaffen. Hans-Hermann Hoppe ist ebenfalls ein Vertreter dieser Richtung (schreibt glaub ich bei ef). Es fällt auf, dass diese Kategorie von einigen wenigen Reichen und fast ausschließlich von Wirtschaftswissenschaftlern, bzw. Ökonomen dominiert wird, die philosophischen Grundlagen aber weitgehend ignoriert werden. Da wird wirtschaftsliberal und libertär oft durcheinander geworfen, begrifflich, wie inhaltlich.

Der Hauptgrund warum sich so viele Spinner und Theoretiker im Libertarismus herumtreiben ist, dass diese Ideologie noch nie die Chance bekam praktisch umgesetzt zu werden. Kein Land der Welt respektiert das Prinzip des Selbsteigentums konsequent. Die westlichen Staaten, besonders die USA sind noch am nächsten dran, aber der Rahmen für libertäre Freiheiten ist auch dort minimal. Der Anarchokapitalismus hat sich in einer anti-libertären Form für eine kleine Gruppe Reicher als umsetzbar erwiesen. Der kommt dann unter Begriffen wie Neo-Liberalismus daher, den ich als Neo-Feudalismus bezeichne, da sich vor allem eine Finanzelite durch Kungelei selbst erhält und bereichert. Der Trick der Eliten der letzten 4-5 Dekaden war den Neoliberal-Sozialismus durchzusetzen. Das ging, ganz demokratisch, indem man den unteren Schichten soziale Sicherheit versprach. Den Preis dafür, das endgültige Ende ihres möglichen finanziellen Aufstiegs, wurde jedoch erfolgreich verschleiert.

Die Demokratie ist unter diesen Bedingungen eine Katastrophe für ein Volk. Wenn 51 Leute demokratisch entscheiden können, dass sie bei 49 Leuten kostenlos fressen, saufen, wohnen und sich anziehen können, dann ist es mit der Freiheit vorbei. Deshalb hat Hoppe den Ausdruck „Freiheit statt Demokratie“ geprägt. Nun haben die alten Griechen die üblichen Regierungsformen schon differenzierter analysiert. Es wurde der Unterschied zwischen Ochlokratie und Demokratie herausgestellt, wobei die Ochlokratie die Herrschaft des Mobs ist. Der Mob kann die demokratische Mehrheit haben, oder auch als Minderheit seine Ziele mit Gewalt oder Einschüchterung durchsetzen. Schon Aristoteles hat erkannt, dass man die Demokratie einhegen muss, damit sie nicht zur Pöbelherrschaft wird. Er setzte voraus, dass es eine (πολιτεία politeia) ‚Verfassung‘ geben müsse, die der Demokratie übergeordnet ist. Damit hat man dann eine Republik, mit Staatsgebiet, Staatsvolk und Verfassung, in der demokratische Prozesse ablaufen können, ohne die Grundlagen der Republik anzugreifen. Im Prinzip haben wir so etwas pro forma in der BundesREPUBLIK Deutschland und fast allen westlichen Staaten.

Das Problem ist, die Verfassungen sind alt, schwammig formuliert und werden je nach politischem Gusto interpretiert. Zusätzlich lassen sie der Demokratie viel zu viele Freiheiten. In welcher Verfassung steht z.B., dass der maximale Steuersatz/Abgabensatz x% sein kann? In welcher ist das Staatsgebiet endgültig festgeschrieben? In welcher ist definiert, wer wahlberechtigter Bürger ist, wer dazu gemacht werden kann und wer absolut nicht? In welcher Verfassung ist explizit deklariert, welche demokratischen Entscheidungen getroffen werden können und welche nicht? Die Demokratie sollte sich in erster Linie mit der praktischen täglichen Umsetzung der Verfassung beschäftigen. Langfristig (gemeint sind Generationen) ist die Verfassung von der Demokratie zu pflegen, d.h. auf den neuesten Stand bzgl. Wortwahl usw. zu bringen. Eine Änderung der Verfassung bedeutet eine Neugründung des Staates, bzw. der verschiedenen Staaten, die damit zwangsläufig entstehen würden.

Der Zehnt ist z.B. eine Staats- u/o Kirchenabgabe, die seit Abraham – also quasi seit Urzeiten – praktiziert wurde, bis ins 19. Jahrhundert. Alles oberhalb von 10% war freiwillig oder durch Kriege verursacht. Das hat tausende von Jahren funktioniert, erst seit ca. 200 Jahren werden 10% Abgaben als zu wenig erachtet. Den meisten Libertären wäre das immer noch Zuviel, da sie Besteuerung als Diebstahl ansehen, aber glaub mir, jedem Einzelnen (inkl. der Atheisten) würde ein Halleluja entfahren, wenn seine Abgaben insgesamt nur 10% betragen würden. So etwas müsste in einer ordentlichen Verfassung auf jeden Fall drin stehen.

Ich kopiere jetzt mal direkt aus Wikipedia

Verfassungsrechtlich konnten nach dem Grundgesetz zwei Wege zur deutschen Einheit beschritten werden, nämlich der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23[89] oder die Ablösung des ursprünglichen Provisoriums Grundgesetz durch eine neue gemeinsame Verfassung gemäß Art. 146 GG a.F.[90] Für die zweite Alternative und eine Volksabstimmung über die neue Verfassung setzten sich weite Teile der DDR-Bürgerrechts- und Oppositionsbewegung ein, dazu die westdeutsche Linke, die Grünen und viele Sozialdemokraten. Dieser weit aufwändigere und kompliziertere Weg hatte aber von Anbeginn nur geringe Verwirklichungschancen. Die Volkskammerwahl im März, das Bekenntnis der Regierung de Maizière zu zügiger und verantwortungsvoller Realisierung der deutschen Einheit auf der Grundlage von Art. 23 GG a.F. und die unverzüglich umgesetzte Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ließen für Aushandlung, öffentliche Debatte und Abstimmung einer neuen gesamtdeutschen Verfassung keinen Raum.[91]

Für ehemalige DDR-Bürger gibt es eigentlich keinen Grund das Grundgesetz als Verfassung anzuerkennen. Sie durften nie darüber abstimmen. Die Wessies dachten sich wohl nichts dabei, denn die durften über ihr Grundgesetz auch nie abstimmen. Was Staatsgebiet ist und wer Staatsbürger ist, wurde seit 1949 und wiederum 1989/90 von einer kleinen Gruppe Politiker entschieden. Das ist die Oligarchie Deutschlands. Was hätten die denn 1990 gemacht, wenn z.B. über 50% der Sachsen das BRD-GG nicht angenommen hätten? Wahrscheinlich das gleiche wie im Mai 1949, als der bayrische Landtag das GG ablehnte. Gemauschelt bis es passt. Chance vertan. Also soll sich keiner beklagen, wenn sich Reichsbürger, genauso wie Merkel, einfach über das GG hinwegsetzen.

Die BRD ist weder eine Demokratie, noch eine Republik. Die BRD ist eine Oligarchie, die sich alle 4 Jahre durch eine Ochlokratie im Amt bestätigen lässt. Eine Ochlokratie lässt sich nicht nur durch Propaganda leicht beeinflussen, sondern noch viel einfacher dadurch, dass man den Einkommensbeziehern ungefähr 70% des Einkommens wegnimmt, so dass fast jeder von den willkürlichen Zuteilungen durch die oligarchische Regierung abhängig ist. Eine Oligarchie ist die rein eigennützige Variante der Aristokratie. Der Blogger diehassrede zeigt immer wieder auf, wie diese Oligarchie inzwischen fast völlig unabhängig wurde, indem sie sich selbst aus dem Steuertopf ungehemmt bedient, um rein egoistische Projekte zu finanzieren.

Wie Polybius vor über 2.000 Jahren schon schrieb, wenn eine Demokratie in eine Ochlokratie degeneriert, gibt es keinen Weg zurück. Nach einer Phase der Anarchie folgt dann immer eine Tyrannei. Das macht auch Sinn, denn nach einer Zeit des Chaos dürstet es das Volk wieder nach Ordnung. Nahezu jede Art von Ordnung. Deshalb konnten die Stalins, die Maos, die Hitler dieser Welt ihren Platz einnehmen. Schöne Aussichten, nicht wahr? Jetzt rächt sich das Versäumnis von 1989/90. Man hat die Chance eine neue Verfassung zu schreiben achtlos verworfen.

Also, die Proleten, die mit #wirsindmehr unterwegs sind, sind die Leute, welche einen neuen Hitler oder Stalin heraufbeschwören. Die Leute von der PEGIDA, die friedlich demonstrieren, wollen keinen neuen Tyrannen. Die haben noch die Schnautze gestrichen voll vom alten (Honecker).

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Wie sagte schon John Locke in der 2nd treatise:

Sect. 124. The great and chief end, therefore, of men’s uniting into commonwealths, and putting themselves under government, is the preservation of their property. To which in the state of nature there are many things wanting.

Sect. 139. But government, into whatsoever hands it is put, being, as I have before shewed, intrusted with this condition, and for this end, that men might have and secure their properties; the prince, or senate, however it may have power to make laws, for the regulating of property between the subjects one amongst another, yet can never have a power to take to themselves the whole, or any part of the subjects property, without their own consent: for this would be in effect to leave them no property at all.

Grob übersetzt: Das hauptsächliche Ziel, weshalb Menschen sich zu einem Staatswesen zusammenschließen und sich unter eine Regierung stellen, ist die Erhaltung ihres Eigentums.(Sect. 124). Die Regierung, wie auch immer sie gestaltet ist, darf nie die Macht haben dem Einzelnen sein Eigentum – im Ganzen oder in Teilen – wegzunehmen, ohne dass derjenige dem zustimmt. (Sect. 139).

Ein Staat, der dir dein Eigentum wegnimmt, anstatt es zu schützen, hat sein Hauptziel komplett verfehlt.

17 thoughts on “„Wir sind mehr“ – Die Demokratie-Mafia

    1. Libertarismus ist so schön, warum will den so gut wie keiner?

      Einfache Antwort: Mit der Selbstverantwortung kommt Arbeit einher und der Großteil der Menschen scheut Arbeit wie der Teufel das Weihwasser – wie schön doch die Versprechungen der anderen Ideologien, bei denen muss man nichts machen, das geschieht alles von selbst durch überlegene Systeme…

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  1. Ich sehe mich auch als Konservativer mit libertärer Neigung. Es gibt wenige Dinge, die mich von Margarete Thatcher, Benjamin Netanyahu oder Ann Coulter trennen. Ben Shapiro ist auch eigentlich im libertären Flügel des Konservatismus, aber da bin ich inhaltlich doch eher entfernt. Beatrix von Storch ist klar libertär. Ich denke auch Petr Bystron. Ausgerechnet Alice Weidel, die die Medien als “liberal” hinstellen, weil sie für Banken gearbeitet hat und homosexuell ist, ist eigentlich schon eher weniger libertär, aber mit so einer Einschätzung mache ich mir bestimmt Feinde. Vera Lengsfeld, Angelika Barbe und Roland Tichy auch. Ehrlich gesagt sind meine Ansprüche bei Deutschen niedriger (my racism of low expectations). Wer die Vokabeln, die demokratische Prinzipien beschreiben, richtig benutzt, lässt bei mir schon die Sektkorken knallen. Einsteigertipp: SPD und Demokratie sind nicht ein und dasselbe.

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  2. “Die Demokratie ist unter diesen Bedingungen eine Katastrophe für ein Volk. ”

    Demokratie ist generell eine Katastrophe, besonders in nicht homgenen Gesellschaften.
    1. sind nur 5% der Menschen intelligent genug dafür

    2. endet es in der Regel immer damit, dass die “dumme Masse” am Ende regiert und entscheidet. Denn in der Masse ist es ja eher Schwarmdummheit, als Schwarmintelligenz

    Wenn dann noch konkurrierende (um Pöstchen und Durchsetzung der eigenen Ideologie) Parteien dazu kommen, die je nach demografischer Gruppe Versprechungen machen und ködern, manipulieren oder sogar einfach neue Schachfiguren aufs Feld holen (Wahlrecht für Flüchtlinge kommt von Grün und SPD), funktioniert es schon mal gar nicht.
    Und wir haben ja sowieso nur eine Fassadendemokratie, weil die Information, die DDR zu reaktivieren die Leute zu sehr benuruhigen könnte.

    Ursprünglich war “Deokratie” das Wahlrecht für freie! Männer!, die Grundbesitz hatten! und Militärdienst! geleistet hatten oder nicht? Insofern ist das Konzept ja eh schon konterkariert.

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    1. Das ursprüngliche Modell funktioniert schon. Das Problem ist, dass viele nicht wissen, um welche Konzepte es eigentlich geht. Das westliche System ist gerade keine Mobkultur. Es ist nicht einfach die Mehrheit. Es ist offene Debatte, Rechtssicherheit, Gesetzgebungsverfahren, öffentliche und faire Justizverfahren, Gleichheit vor der Gesetz, Besitzrechte usw.

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      1. vielleicht ist “der Deutsche” dafür auch nicht geeignet. Ich habe den Eindruck, die meisten Deutschen verstehen libertäres und “offenes” Denken überhaupt nicht.
        Man muss nur mal darauf achten, mit welch seismologischem Instinkt die deutsche Gesellschaft speziell seit 2015 anfängt, sich gegenseitig zu überwachen, denunzieren, zu verfolgen. Und wie eifrig und kreativ und eigenständig man dabei ist.

        z.B haben sich sehr viele Stars von Udo Lindenberg bis Campino sehr darüber empört, dass Helene Fischer (die Wahl fiel wohl auf sie, weil sie so medial präsent war zu dem Zeitpunkt) keine Stellung bezogen hat zu den ganzen Themen wie Migration und AFD. Die haben dann so lange rum gemosert, bis sie nach der Reichskristallnacht von Chemnitz dann doch ein Statement gegen Rechts abgelassen hat, vermutlich, um den bereits aufkommenden Verdacht gegen sich zu zerstreuen.

        Ein Basketballnationalspieler lässt verlauten, dass man für Toleranz und Meinungsfreiheit stehe und man deshalb Leute, die mit der AFD sympathisieren nicht in der Halle wolle.

        Der weiße Ring e.V für Gewaltopfer kündigt an, keine ehrenamtlichen oder sonstigen Mitarbeiter, die mit der AFD sympathisieren zu wollen und keine Spenden von solchen Leuten anzunehmen.

        Eine Dresdner Buchhändlerin, die sich gegen das versuchte Verbot rechter Aussteller bei der FFM Buchmesse ausgesprochen hat, wird von dem Workshop “Echokammern und Filterblasen” ausgeschlossen, weil “”People” of Color” sich angeblich durch ihre Anwesenheit bedroht fühlen und man die Sache mit den Filterblasen lieber in geschütztem Rahmen unter sich diskutieren will.

        Ein strebsam aussehender Junganwalt macht Vorschläge, wie man als Arbeitgeber Arbeitnehmer loswerden kann, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen, aber privat im Internet das falsche Posting liken oder auf einer Anti-Merkel Demo gesehen werden. Siehe Bild.

        und noch zich Fälle mehr.

        Der Deutsche hat das “Haram”/”Halal”-Denken im Prinzip schon von Natur aus echt gut drauf. Wenn du dem Deutschen morgen sagst, rosafarbene Luftballons sind verboten, dann werden Anwälte und Polizisten sofort Leute verhaften, die weiterhin welche benutzen und kaum einer wird das hinterfragen. Und schon bald wird es Twitter Hashtags geben, die auch ein Verbot von roten Ballons fordern oder fordern, das Verbot auch auf andere rosafarbene Dinge auszuweiten.

        Und das alles ganz ohne Anordnung von oben, es ist einfach der natürliche Instinkt des Deutschen.
        Der Deutsche ist einfach ein Hund, der sich freut, wenn er seinem Herrn die Zeitung bringen kann. Und dabei wird er dann auch leidenschaftlich und kreativ, vielleicht kann man ja beim nächsten Mal statt der Zeitung eine Tüte Brötchen bringen und zusätzlich noch die Hausschuhe, ohne dass man den Befehl dafür bekam. Einfach um Dienstbeflissenheit und Eifer zu zeigen. Damit zeigt man doch erst Recht, was für ein guter, motivierter Hund man ist.

        Und wenn man die Leute darauf anspricht, dann kommt nur “Wieso, das ist doch ein Schritt in die Richtige Richtung. Hast du etwa was gegen Antifaschismus?”

        Um es mit Dieter Bohlen zu sagen: Versuch mal jemandem, der den Arsch offen hat, klarzumachen, dass er den Arsch offen hat.

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        1. Ich teile die Verbitterung. Das denke ich schon auch eine Weile. Die englischsprachige Welt hat seit der Magna Carta und der Charter of the Forest viele Jahrhunderte gebraucht, um die Prinzipien einzuschärfen, die Freiheit überhaupt ermöglichen. Ann Coulter benutzt oft einen Satz, der für viele Deutsche keinen Sinn macht: “Freiheit ist das Schwierigste, was man lernen kann.” Das ist auch vollkommen logisch. Hier kommt die Erklärung. Achtung:
          Freiheit heißt, dass ANDERE Dinge tun, die man selbst NICHT WILL.
          Sau schwer.

          Das Dauert bei den Neuankömmlingen noch mal länger. Die Deutschen haben seit Anfang des 18. Jahrhunderts ein paar Babyschritte gemacht. Die fallen jetzt auf den offenen. Die Türken haben ein paar Schritte seit Atatürk gemacht. Auch die fallen auf den Popo. Die Araber robben über den Boden. Die Schwarzafrikaner liegen lethargisch auf der Erde und wissen nicht mal, warum man robben sollte.

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  3. Ich sehe für D im wesentlichen die folgenden Möglichkeiten:
    1. die mit weitem Abstand wahrscheinlichste und schlimmste: Alles geht noch ein paar Jahre so weiter, jeden Tag 500 + x “Flüchtlinge”, alles wird immer schlimmer, schließlich übernimmt ein Türke (Klein-Erdogan) in diktatorischer Weise mit Sharia etc. die Macht. Über Libertarismus und ähnliche schöne Ideen brauchen wir uns dann nicht mehr zu unterhalten.
    2. wünschenswert, aber ziemlich unwahrscheinlich: Unter Führung der AfD gelingt im letzten Moment ein Umsteuern mit Grenzschließung, Rückwanderung etc.
    3. besser als 1, viel schlechter als 2, eher unwahrscheinlich: 1 Sekunde vor Eintreten von Variante 1 kommt so eine Art deutscher Franco des 21. Jahrhunderts, setzt die Armee ein, befriedigt das Sicherheitsbedürfnis und kehrt mit Blut und Eisen den Laden aus.

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    1. Mein heißer Tipp 1 und 3 zusammen, nur sind wir diejenigen, die ausgekehrt werden.
      Ich denke über die “schönen” Ideen muss man sich gerade dann unterhalten, wenn die Lichter ausgehen. Es ist der einzige Weg irgendwann wieder Oberhand zu gewinnen.
      Ich bin so depressiv.

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  4. Toller Blog. Ich schau immer wieder mal vorbei.

    Zitat: “Das kann man schon in der Theorie zerlegen und man sieht auch die praktischen Konsequenzen. Anarchokapitalismus fördert die Möglichkeit, dass (im Extremfall) Einem oder einigen wenigen, die ganze Erde gehört. Viele Theoretiker behaupten, dass dies praktisch nie passieren kann, aber wenn wir auf die real existierende Welt schauen, in der wenigen Prozent der Superreichen, 50-80% des gesamten Vermögens gehört, ist das absurd.”

    Hier meine Sichtweise zur Theorie:

    Das ist nicht die Folge des Anarchokapitalismus, sondern des Korporatismus; wenn Unternehmen den Staat dazu benutzen, sich am Markt persönliche Vorteile zu ergaunern.

    Die Aussage des Libertarismus ist, dass auf einem tatsächlich freien Markt Monopole nur unter der Prämisse entstehen können, wenn das Angebot für die Nachfragenden in Ordnung ist. Wer sollte sich also über ein Unternehmen beschweren, das ein gutes Angebot am Markt anbietet und man sich freiwillig dazu entscheiden kann, ob man das Angebot kaufen möchte oder nicht?

    Selbst nach der Erreichung der Monopolstellung unterscheidet sich der freie Markt zum aktuellen Korporatismus, denn ohne persönliche Vorteile des Unternehmens ist zu jeder Zeit ein vollkommener Wettebewerb vorhanden. Das verhindern aktuell die Faktoren Subventionen, Patentrecht, Gesetze uvm. und bessere Angebote werden von korporatistischen Unternehmen zurückgedrängt oder vom Markt fern gehalten.

    Gegner des freien Marktes behaupten, dass im Libertarismus der Monopolist seine Preise beliebig festlegen kann, was theoretisch zwar stimmt, praktisch aber aus mehreren Sichtweisen keinen Sinn ergibt, denn:

    – Unternehmen, welche eine bestimmte Größe erreicht haben, sind sehr starr und teuer in der Produktion (lange Prozessketten). Kleine Unternehmen können also ein günstigeres Angebot zu gleicher/besserer Qualität anbieten, was andere während des Aufstieges zum globalen Monopol hindern oder nach Erreichung ablösen wird.

    – Ein zu hoher Preis würde zur Folge haben, dass…
    a) … die Nachfrage entsprechend rückläufig ist, was den Umsatz und folglich Gewinn reduziert und nicht im Sinne des Unternehmens sein kann.

    b) … andere ein Substitut auf den Markt bringen. (die Behauptung, dass ein Unternehmen alles an Wasser oder andere lebensnotwendige Güter besitzt, halte ich für utopisch, weil im Vorfeld die Kette zusammenbrechen würde)

    Die Theorie kann man natürlich entsprechend ausbauen. Rothbard hat sich wohl sein ganzes Leben dazu Gedanken gemacht und ist die Art von Ökonom, wie ein Jordan B. Peterson unter den Psychologen.

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    1. Schauen Sie, deshalb sagte ich ja, dass ich Libertarismus fuer eine Ideologie halte, gleichzeitig aber kein blinder Ideologe bin. Anarchokapitalismus fuehrt praktisch immer zu Korporatismus, egal wie die Regierungsform gerade heisst. Die jeweils erfolgreichen Kapitalisten werden immer versuchen ihren Erfolg abzusichern. Das geht nur politisch, weswegen der Anarchokapitalismus ueber eine Anfangsphase nie hinwegkommt. Sobald das erste Geld nach Pareto verteilt ist, sichern die Reichen ihren Reichtum durch Zwangsmassnahmen (z.B. Schutzrechte) ab.

      Als Beispiel sind Google und Facebook so unglaublich reich, dass sie jede aufkeimende Konkurrenz aufkaufen koennen. Damit sichern sie ihr Monopol. Von aussen koennen sie nicht zerstoert werden. Wie beim roemischen Reich geschieht das von innen. Mit ihrer Arroganz und Massnahmen wie offensichtlicher Zensur, verlieren sie Kunden und Nutzer. Es kommt der Punkt an dem Kunden und Nutzer die Nachteile einer schlechteren Alternative, dem dominanten System vorziehen. “Market failures” geschehen immer wieder und es gibt bisher kein wirklich gutes Konzept diese zu verhindern.

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      1. Ich denke, die Schwierigkeit bei libertären Überlegungen liegt zunächst darin, dass man sich in einem super abstrakten Raum befindet. Man kann zwar die praktische Tauglichkeit eines solches Systems bis ins letzte Detail beschreiben, aber solange man keine empirischen Daten dazu vorliegen hat, wird jegliche Diskussion ab einem bestimmten Punkt sinnfrei, da es zu viele Variablen gibt.

        Deswegen schlage ich vor, dass solche Experimente unbedingt gestartet werden sollten. Beispiele, die einen libertären SOLL-Zustand erreichen wollen, sind z.B. das “The free state project” in New Hampshire, USA, welches das bekannteste und derzeit größe Projekt ist. Der IST-Zustand ist aber nach wie vor, dass auch dort staatliche Regulierungen greifen, dazu “101 Reasons: Liberty Lives in New Hampshire (Full Length Film)” auf YT ansehen und sich sein eigenes Urteil bilden.

        Das zum Thema Schutzrechte ist zwar selbst unter Libertären strittig, aber ein Schutzrecht auf geistiges Eigentum darf (und kann eigentlich!) nicht existieren. Ich vertrete ich eine ganz klare Haltung:

        Eine jede Idee basiert auf dem Wissen/der Denkleistung vieler Vordenker, auf die man zurückgreift. Insofern kann niemand behaupten, dass seine Idee zu 100% die Folge seiner Kreativität/Intelligenz ist und folglich ist diese auch nicht patentierbar.

        Würde man konsequent alle erschaffenen Ideen zu geistigem Eigentum erklären, könnte es ab einem bestimmten Punkt nichts Neues mehr geben kann. Man müsste sich einfach nur vorstellen, Köche würden ihre Rezepte patentieren.

        Noch etwas zum Thema Facebook und Google. Die Suchmaschine DuckDuckGo leistet vielleicht noch nicht so viel wie Google, aber da tut sich gerade einiges hinsichtlich Traffic, siehe:
        https://duckduckgo.com/traffic

        Und zum Thema Facebook, da ist man im Jahr 2007 noch skeptisch gewesen, ob dieses “Monopol” jemals abeglöst wird, siehe:
        https://www.theguardian.com/technology/2007/feb/08/business.comment

        Mal schaun was sich so die kommenden Jahre ergibt.

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